Über "Opfer" und "Erlebende" - Stop BILD Sexism Stellungnahme zur Sprache über sexuelle Gewalt

Der Vorschlag von Mithu Sanyal, den Begriff „Opfer sexueller Gewalt“ durch „Erlebende sexueller Gewalt“ zu ersetzen, sorgt momentan für viel Furore.

 

„Opfer“, so Sanyal, stelle die Betroffenen als passiv und ohne eigenen Handlungsspielraum dar, so Sanyal, während „Erlebende“ den aktiven Umgang mit der Erfahrung betone – ohne gleichzeitig sexuelle Gewalt zum absolut schlimmsten zu erklären, das einer Frau passieren kann, wie es etwa der Begriff „Überlebende“ tue.

 

Wir halten es für wichtig, Sprache immer wieder bewusst auf ihre Bedeutung und Konnotationen zu untersuchen. Insbesondere bei einem Thema, das so persönlich und gleichzeitig so politisch ist wie sexuelle Gewalt, ist es wichtig, eine Bandbreite an Begrifflichkeiten zu haben. Damit ist es möglich, je nach Kontext die richtige Sprache zu wählen: denn ein Beratungsangebot für Betroffene braucht andere Sprache als eine Anzeige, eine Demo gegen sexuelle Gewalt andere Begriffe als eine Poety-Slammerin, die ihre Erlebnisse verarbeitet.

 

Bei StopBILDSexism schreiben wir viel über die Verharmlosung sexueller Gewalt und die Darstellung von Vergewaltigung als auf einer Ebene stehend mit einvernehmlichem Sex.

Beide Dinge sind unakzeptabel und müssen klar benannt werden. Darum ist es uns wichtig, herauszustreichen, dass es bei sexueller Gewalt um ein Verbrechen geht – und bei Erlebenden sexueller Gewalt dementsprechend um Opfer. Wir schließen uns Frau Sanyals Formulierung daher nicht an.

 

Für uns ist allerdings auch klar: Feminismus lebt von einem Dialog, der möglichst viele Menschen und ihre Erfahrungen und Bedürfnisse einbezieht. Formulierungen wie die von Frau Sanyal haben ihr Daseinsrecht.  Die Reaktionen, von denen Frau Sanyal berichtet, bedienen sich auch frauenfeindlicher und rassistischer Rhetorik, gegen die wir uns wiederholt positioniert haben und von der wir uns hiermit noch einmal distanzieren.

 

Nachtrag vom 25. Februar: Dieser Text erschien bereits am 24. Februar. Nachdem uns dazu viel Kritik erreicht hat, haben wir uns entschieden, die entsprechende Passage ersatzlos zu entfernen und dies Team-intern zu diskutieren.

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Kommentare: 2
  • #1

    Birgit Gärtner (Samstag, 25 Februar 2017 11:34)

    Liebe alle,
    zu der Darstellung hab ich eine Frage:

    Welche "Gruppe" ist damit gemeint?

    "Darauf, wie inzwischen geschehen, mit Vergewaltigungsdrohungen zu antworten, ist nicht nur extrem unsensibel von Seiten einer Gruppe, die für sich in Anspruch nimmt, gegen die Verharmlosung sexueller Gewalt zu sein. "

    Liebe Grüße
    Birgit

  • #2

    Alexandra Preußner (Samstag, 25 Februar 2017 11:45)

    Es wäre schön, wenn man sich die Zusammenhänge anschauen würde, bevor man Kritik verteilt. Die Vergewaltigungsdrohungen an Frau Sanyal kommen NICHT von den Störenfriedas oder den Betroffenen, die den offenen Brief unterschrieben haben. Sie kommen von (rechten) Männern, die vermutlich durch die Verlinkung der EMMA auf die Diskussion aufmerksam wurden. Sie nutzen diese Diskussion, um gegen feministische Autorinnen vorzugehen und, wie ja zu sehen, Hass und Zwietracht zu säen. Übrigens hat Frau Sanyal den offenen Brief kurz nach seinem Erscheinen durchaus positiv kommentiert. Hier zu lesen bei den Kommentaren:
    http://diestoerenfriedas.de/offener-brief-gegen-die-sprachliche-verharmlosung-sexueller-gewalt/
    MfG
    Alex